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Zur aktuellen Lage

Schreiben der Standesvertretung zu Covid-19-Maßnahmen:

 

Nach 3 Wochen können wir ein vorläufiges Resümee ziehen. Viele Verhandlungen wurden abgesagt und der Gerichtsbetrieb läuft überall stark eingeschränkt. Beides war zum Wohle der MitarbeiterInnen und Verfahrensbeteiligten notwendig, stellt uns aber auch vor große Herausforderungen (Verfahrensverzögerungen, aufzuarbeitende Rückstände uvm). Das Leben von uns allen hat sich nicht nur in unserem Arbeitsumfeld plötzlich und tiefgreifend verändert. Das führt natürlich auch zu Verunsicherung und Irritationen.

Neben den allgemeinen Einschränkungen wurden auch im Bereich der Justiz viele Maßnahmen und Gesetze beschlossen. Viele davon, insb die Fristenunterbrechung waren wichtig und sinnvoll. Überschießende Maßnahmen, wie das kurzfristig angekündigte Schließen der Poststraße und die gesetzliche Einschränkung von Abfertigungen gerichtlicher Erledigungen, wurden von uns sofort beeinsprucht und sind mittlerweile auch bereits widerrufen worden.

Wir sind bemüht, die jeweiligen Änderungen so rasch als möglich zu prüfen und stehen in laufendem Kontakt mit dem Bundesministerium für Justiz um allfällige Probleme sofort aufzuzeigen. Das aufgrund der Umstände oft hohe Tempo stellt auch für uns eine besondere Herausforderung dar.

Maßnahmen im Bereich der Justiz und einen eingeschränkten Gerichtsbetrieb gibt es derzeit nicht nur in Österreich, sondern in so gut wie allen Ländern Europas. Die Tätigkeit der Gerichte beschränkt sich europaweit derzeit auf dringliche Angelegenheiten (insb Gewaltschutz und Haftsachen), der Parteienverkehr wurde soweit wie möglich eingeschränkt.

Wir sind überzeugt, dass die Einschränkung des Gerichtsbetriebes notwendig war. Dieser Zustand kann jedoch nicht unbegrenzte Zeit aufrechterhalten werden. Sollten die allgemeinen Maßnahmen zur Kontaktvermeidung noch längere Zeit andauern, müssen Lösungen gefunden werden, die das Funktionieren der Rechtspflege so gut wie möglich gewährleisten.  Das wird ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit in den nächsten Wochen sein.

Wir haben selbstverständlich auch die grundrechtliche Problematik der aktuellen Maßnahmen im Auge. Die bislang vom Parlament beschlossenen und der Bundesregierung verordneten Maßnahmen sind – auch nach Rechtsansicht der Fachgruppe Grundrechte, die sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt – noch verhältnismäßig. Weitere Beschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte müssen aber jeweils gesondert geprüft werden. Auch ursprünglich verhältnismäßige Eingriffe können bei geänderten Rahmenbedingungen unverhältnismäßig werden. Wir werden daher genau darauf achten, dass die Maßnahmen nur solange wie unbedingt erforderlich aufrecht bleiben. Normwidriges Verwaltungshandeln muss insb bei Grundrechtseingriffen aufgezeigt werden und diesbezügliche Fehler sollten – bei allem Verständnis für die Ausnahmesituation in der sich auch Verantwortungsträger und Vollzugsbeamte befinden – hintangehalten werden.

Viele Menschen leisten in Krankenhäusern, der Pflege, im Lebensmittelhandel und anderen Bereichen gerade jetzt einen besonders großen Beitrag zu unser aller Sicherheit und Versorgung. Wir wissen nicht, was die nächsten Wochen bringen werden. Fest steht, dass wir in hoffentlich absehbarer Zeit die bereits abberaumten Verhandlungen nachholen und Rückstände aufarbeiten müssen. Es werden auch viele zusätzliche Verfahren im Zusammenhang mit der Krise auf uns zukommen. Dann werden wir an der Reihe sein, unseren Beitrag zu leisten. Wir setzen uns schon jetzt dafür ein, dass die zur Bewältigung dieser Herausforderung notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Wir wünschen allen Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin viel Kraft und vor allem Gesundheit!

Veröffentlicht am: 6. Apr. 2020

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