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Die Justiz muss nicht nur gut funktionieren, sie muss das auch zeigen!

Editorial 03/2015
von Gerhard Jarosch

Wenn Richter und Staatsanwälte sich dazu entschließen, öffentlich und gemeinsam gegen die Regierung aufzutreten, können sie in wenigen Tagen Gehaltseinbußen abwenden. Der Ausgang dieses kleineren Scharmützels steht zwar noch nicht endgültig fest, aber ein Entschließungsantrag im Nationalrat, ein Ministerratsvortrag und die persönliche Zusicherung mehrerer Regierungsmitglieder innerhalb weniger Tage sind ein gutes Ergebnis unseres solidarischen Auftretens.

Unsere äußere Erscheinung im weitesten Sinn, die Art wie wir uns gegenüber der Welt zeigen, lässt aber oft zu Wünschen übrig. Es reicht nicht, wenn wir unsere Aufgaben sorgfältig und objektiv, auf rechtsstaatliche Weise und auf Basis der Gesetze und dann noch so rasch als möglich, aber auch so gründlich wie nötig erfüllen. Es reicht auch nicht, wenn wir bei Europäischen Vergleichsstudien in vielen Bereichen der Rechtssprechung im Spitzenfeld liegen. All das müssen wir auch zeigen und damit in jedem Detail die dritte Staatsgewalt repräsentieren. So stark die Verfassung unserer Republik und ihr positives Recht seit langem auch zu sein scheinen, der Gesellschaftsvertrag dessen Ausfluss diese Gesetze sind, beruht unter anderem auf Respekt und Vertrauen. Wenn die Gesellschaft oder einzelne ihrer Teile, vertreten durch Politik, Medien oder NGO’s der Justiz nicht gänzlich vertrauen und ihr nicht den notwendigen Respekt entgegen bringen, wird diese dritte Säule des Zusammenlebens angesägt.

Das sind keine bloßen rechtsphilosophischen Überlegungen, unser Auftreten wirkt in die Gesellschaft hinein und fällt auf uns zurück. Wenn wir nicht in all unserem Tun als Vertreter einer größeren Sache auftreten, werden wir immer öfter als bloße Vertreter unserer selbst wahrgenommen. Dadurch wird es schwierig, die zur Erfüllung unserer Aufgaben nötigen Mittel zu bekommen, was wieder eine Negativspirale auslöst: schlechte Ausstattung führt zu mangelhafter Arbeit, die weniger Respekt und Vertrauen auslöst und entscheidende Stellen dazu veranlasst uns weiterhin mangelhaft ausstatten zu können, ohne von einer enttäuschten Bevölkerung dafür kritisiert zu werden. Das wiederum bewirkt, dass wir selbst uns permanent darum kümmern müssen, in Einzelbereichen (wie eben zuletzt in der Entlohnung) nicht weiter beschnitten zu werden. Die massiven Einsparungen an Planstellen der Beamten und Vertragsbediensteten der letzten Jahre, die auch in den nächsten ungebremst weiter gehen werden, sind ein Beispiel dafür, wie ein Rechtsstaat durch Mangelverwaltung untergraben werden kann.

Dürftige Aufstockungen oder gar saftige Einsparungen haben wir in der Vergangenheit allzu oft in einer masochistischen Vorzugsschülermentalität hingenommen, ohne über den Tellerrand zu blicken. Und vor allem, ohne den notwendigen Respekt – nicht uns als Individuen – sondern der Justiz als Ganzes gegenüber einzufordern.

Vergleicht man unser Auftreten mit den Justizsystemen in andern Ländern, auch außerhalb Europas, so liegen wir dabei nicht in allen Punkten im Spitzenfeld. Der äußere Anschein, gezeigt durch Gerichtsgebäude, Repräsentanz der Verhandlungssäle, Personalausstattung in allen Bereichen, Sicherheitsvorkehrungen, Internetauftritt, Verständlichkeit unserer Sprache, Behandlung derer, die mit uns zu tun haben, Gastfreundschaft ausländischen Gästen gegenüber, und ja, bis hin zur Kleidung aller Justizbediensteten hat nicht nur Einfluss auf das Bild, das man sich von außen über die Justiz macht. Dieses Auftreten wirkt nach innen zurück, es kann den eigenen Respekt gegenüber der Sache und damit Motivation und Überzeugung massiv belasten.

Die Justiz als Ganzes und wir alle als ihre Repräsentanten müssen selbstbewusst, aber ohne arrogante Abgehobenheit, von der Gesellschaft einfordern, was wir zur Erfüllung unserer Aufgaben brauchen. Die Akzeptanz unserer Entscheidungen als unverzichtbarer und alternativenloser Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens können wir nicht nur durch die Qualität derselben beeinflussen. Das äußere Erscheinungsbild trägt zumindest gleich viel dazu bei. Was – geschätzter Leser – ist Ihr Beitrag?

Veröffentlicht am: 16. Mrz. 2015

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