Das Leitungsorgan der Vereinigung war der Zentralausschuss, der auf drei Jahre gewählt wurde. Er bestand aus einem Präsidenten, der die Vereinigung nach außen zu vertreten hatte, zwei Vizepräsidenten, zwei Schriftführern, einem Kassier und dessen Stellvertreter sowie elf Beisitzern, von denen einer mit der Redaktion der Vereinspublikationen zu betrauen war.
Der erste Präsident der Vereinigung hieß Leo Elsner. Er bezeichnete die Vereinigung in seiner Begrüßungsrede als „Wächter der Unabhängigkeit der Richter“.
Die erste Kraftprobe hatte die Vereinigung auch schon im Mai 1907 zu bestehen, als der damalige Justizminister Franz Klein Advokaten in den Obersten Gerichtshof zu übernehmen versuchte. Der vehemente Widerstand und Protest der Vereinigung führte zu einem Unterbleiben der beabsichtigten Ernennungen.
Im Anschluss an die Konstituierung wurden im Zentralausschuss Fachkomitees gebildet; ein Organisationsausschuss, ein Rechtsausschuss, ein Ausschuss für Standesfragen und nach Schaffung eines Mitteilungsorgans auch ein Presseausschuss.
Ab Juli 1907 wurden regelmäßig „Mitteilungen der Vereinigung österreichischer Richter“ herausgegeben, die seit 1914 als „Österreichische Richterzeitung“ erscheinen. Mit der Herausgabe der Zeitschrift stand ein schlagkräftiges Instrument zur Artikulierung der längerfristigen Ziele und dringenden Anliegen der Vereinigung zur Verfügung.
Bei der ersten Generalversammlung am 8.12.1907 wurden bereits rund 2000 Mitglieder verzeichnet.
Es hatten sich auch bereits die ersten Sektionen gebildet, eine Satzungsänderung sollte die weitere Gründung von Sektionen fördern. Die Zahl der Sektionen stieg bis Dezember 1908 auf 14, im Jahr 1911 waren es bereits 25, die Mitgliederzahl betrug 1911 mehr als 3000.
Der Kriegsausbruch 1914 führte kostenbedingt zu einer deutlichen Reduzierung des Umfanges der Richterzeitung, nur so konnte ihr Erscheinen während des gesamten Ersten Weltkrieges ohne Unterbrechung gewährleistet werden. Der inhaltliche Schwerpunkt verlagerte sich noch stärker auf Beiträge über die schlechte materielle Lage der Richter, eine Verbesserung lag aber kriegsbedingt ferner denn je. Die Forderung nach einem eigenen Richterdienstgesetz wurde immer stärker erhoben.
Im November 1918 erfolgte die Umbenennung der Richterzeitung in „Deutsch-Österreichische Richterzeitung“.
Der Zusammenbruch der Habsburgermonarchie ging daher auch an der Richtervereinigung nicht spurlos vorbei, die Entstehung eigenständiger Staaten auf dem Gebiet des „alten“ Österreich sorgte für eine Reduzierung des Wirkungsgebietes auf die neu entstehende Republik Deutschösterreich, was auch eine drastische Verringerung der Mitgliederzahl innerhalb der Richtervereinigung und damit verbunden eine deutliche Verknappung der finanziellen Mittel durch den Rückgang der Mitgliedsbeiträge bedeutete.
Im Jahr 1918 war die Richtervereinigung federführend bei dem Entwurf des Staatsgrundgesetzes über die richterliche Gewalt, eines für die Richterschaft sehr bedeutenden Gesetzes.
Vor allem die Bindung an den Besetzungsvorschlag der Personalsenate bei der Ernennung von Richtern, die Schaffung eigener Gehaltsklassen für Richter, die Einführung einer Altersklasse für den Eintritt in den Ruhestand und die Bekräftigung der richterlichen Unabhängigkeit waren wesentliche Eckpunkte im Entwurf der Richtervereinigung, der ohne bedeutende Änderungen als Regierungsvorlage übernommen und von der provisorischen Nationalversammlung beschlossen wurde.
Am 30.10.1918 erfolgte die Umbenennung der Richtervereinigung in „Vereinigung der deutsch-österreichischen Richter“ was der damaligen politischen Ausrichtung und dem allgemein in den Jahren 1918-1919 herrschenden Trend nach einem Anschluss an Deutschland entsprach. Man wollte sich nunmehr der „Pflege deutschen Richtergeistes“ widmen und die „Rechtsvereinigung mit dem Deutschen Reiche“ vorantreiben.
Die nächsten Jahre waren geprägt von Reformen im Bereich des Gerichtswesens, Verschiebungen von Zuständigkeiten bis hin zu einer angedachten Zusammenlegung aller Obersten Gerichtshöfe (OGH, VfGH, VwGH), die erst nach heftigen Protesten der Richtervereinigung verhindert werden konnte, sowie vom ständigen Kampf der Richtervereinigung um eine Verbesserung des Dienst- und Bezügerechtes der Richter, das ihrer staatsrechtlichen Stellung, der Eigenart ihres Dienstes und den Bedürfnissen der Rechtspflege entsprechen sollte.
Auch die schlechte Ausstattung der Gerichte, der Mangel an richterlichem Nachwuchs und die viel zu geringe Zahl an Schriftführern waren Themen, deren sich die Richtervereinigung annahm.
In den politisch turbulenten Jahren der Ersten Republik war die Richtervereinigung mehrfach gefordert, ihre weltanschauliche Position zu kommunizieren und sich gegen Angriffe von Vertretern extremer politischer Auffassungen, sowohl links wie auch – vor allem in späteren Jahren – von rechts zu wehren.
1922 beschloss die Vereinigung, die immer noch „Vereinigung der deutschösterreichischen Richter“ hieß, dem deutschen Richterbund beizutreten, was dieser jedoch „mit Rücksicht auf die außenpolitische Lage Deutschlands“ ablehnte.
Im Jahr 1925 änderte die Vereinigung ihren Namen auf „Vereinigung der österreichischen Richter“, ihr Presseorgan hieß fortan „Österreichische Richterzeitung“.
Der Brand des Justizpalastes im Jahr 1927 hatte auch auf die Richtervereinigung starke Auswirkungen. Wenngleich es in den ersten Friedensjahren nach dem Ersten Weltkrieg auch tätliche Übergriffe auf Richter gab, so beschränkten sich diese doch meist auf verbale Angriffe und Rangeleien. Die sozialdemokratische Presse stempelte die Richterschaft in den zwanziger Jahren wiederholt zu Komplizen des Großkapitals, doch noch nie zuvor hatte ein derart massiver Übergriff auf die Justiz stattgefunden. Die Zerstörungsaktionen hatten gravierende Auswirkungen auf die Arbeit, da zahlreiche Akten vernichtet waren und das Gebäude zeitweilig nicht benutzbar war.
Das Jahr 1927 kam für die Richterschaft doch zu einem versöhnlichen Ende, da im Herbst mit der zweiten Gehaltsgesetznovelle eine Reduzierung bisheriger Härten und eine Verbesserung der Aufstiegschancen in höhere Standesgruppen erreicht werden konnten.
Eine befriedigende Lösung der allgegenwärtigen Forderung nach höheren Bezügen konnte jedoch nicht erzielt werden. Daneben war der durch jahrelange Aufnahmesperren ausgelöste Nachwuchsmangel ein besonders Problem.
Die nächsten Jahre waren geprägt von Debatten um ein von der Richtervereinigung gefordertes Dienstrecht und vom Kampf gegen Einsparungen.
Nach der Errichtung des Ständestaates im Jahr 1934 wurden die Standesaufgaben auf die neu gegründete „Kameradschaft der Richter und Staatsanwälte“ übertragen, die österreichische Richtervereinigung musste diese Ziele aus ihren Statuten streichen und sich fortan auf die kulturellen und sozialen Anliegen des Richterstandes konzentrieren.
Die (vorerst letzte) Ausgabe der Richterzeitung im März 1938 trug zwar noch den Titel „Österreichische Richterzeitung“, führte aber bereits den Untertitel „Organ der Fachgruppe Richter und Staatsanwälte im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund“ (NSRB).
Die vormalige „Kameradschaft der österreichischen Richter und Staatsanwälte“ wurde in den NSRB übergeleitet. Die Österreichische Richtervereinigung aber hörte so wie der Staat, in dem sie über drei Jahrzehnte die Geschicke der Justiz mitbestimmt hatte, auf zu existieren.
Bemühungen um die Wiedererrichtung der Richtervereinigung in den Jahren 1945/46 waren – offenbar am Widerstand der Provisorischen Staatsregierung – gescheitert. Fast zeitgleich wurde jedoch mit dem Aufbau einer „Fachgruppe der Richter und Staatsanwälte“ innerhalb der schon zuvor gebildeten GÖD-Sektion „Justiz“ begonnen, ein Schritt der unter vielen Richtern nicht unumstritten war, da sie in der Richtervereinigung die bessere Interessenvertretung sahen. Erst zwei Jahre später wurde den Richtern gestattet, ihren Verein zu neuem Leben zu erwecken. Am 8.6.1948 fand die erste Hauptversammlung der österreichischen Richter seit über 10 Jahren statt.
Richter und Staatsanwälte waren nun in recht eigentümlicher Weise, ähnlich wie dies bereits 1934 – 38 zur Zeit der Parallelität der Richtervereinigung mit der „Kameradschaft der Richter und Staatsanwälte“ der Fall gewesen war, organisiert: Die Standesvertretung erfolgte ausschließlich durch die Gewerkschaftssektion, während die Richtervereinigung zunächst ein Schattendasein führte. Im Lauf der nächsten Jahre und nach einer, wenn auch nur vorübergehenden Spaltung von Gewerkschaftssektion und Richtervereinigung entwickelte sich diese wieder zu einer tatkräftigen Standesorganisation, die auch auf internationaler Ebene aktiv war und u.a. die Gründungstagung der internationalen Richtervereinigung 1953 organisierte und dort seither eines der aktivsten Mitglieder blieb.