Exekutionsordnungs-Novelle 2014

Die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter und die Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (BV 23) haben zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebührengesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und die Insolvenzordnung geändert werden (BMJ-Z12.119/0002-I 5/2014) folgende Stellungnahme abgegeben.

Sofern Paragraphen der EO-Novelle in dieser Stellungnahme keine Erwähnung finden, werden sie als sinnvoll erachtet und werden in der Umsetzung (noch) keine praxisrelevanten Probleme erkannt.

Zu den §§ 35 Abs 2, 36 Abs 2 EO:

Da nach geltender Gesetzeslage über die Festsetzung des Kindesunterhalts außerhalb eines Exekutionsverfahrens im Verfahren außer Streitsachen durch den Rechtspfleger entschieden wird, ist es sinnvoll, diesem auch die Zuständigkeit für die betreffenden Oppositions- und Impugnationsverfahren zuzuweisen. Die grundsätzliche Zuweisung an die Titelabteilung ist auch insofern ratsam, als damit nunmehr oftmals das ursprüngliche, mit der Sache befasste Entscheidungsorgan, das den Akt bereits kennt, wieder in der Sache entscheidet.

Zu bedenken gilt es, dass in Unterhaltssachen nach dem vorliegenden Entwurf alle Oppositions- und Impugnationsgründe beim „zuständigen“ Gericht in der „dafür vorgesehenen Verfahrensart“ geltend zu machen sind, wodurch die Entscheidung über Fragen wie Zahlung, Aufrechnung oder Exekutionsverzicht in Hinkunft in die Rechtspflegerzuständigkeit fallen werden.

Fraglich ist hingegen die Sinnhaftigkeit der Zuständigkeitsverschiebung bei Ehegattenunterhalt, da es ohnehin nur für die Zeit eines anhängigen u.a. Scheidungsverfahrens erster Instanz einen fixen Gerichtsstand nach den §§ 76, 76a JN gibt. Davor und danach gilt der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten. Dabei kann nun einerseits auf den Beklagten im Oppositionsverfahren, den betreibenden Unterhaltsgläubiger, und andererseits (wohl bezweckt) auf den Beklagten im Titelverfahren, den Unterhaltsschuldner, abgestellt werden. Hinzu kommen jene Verfahren, in denen der Unterhaltsgläubiger Beklagter und der Unterhaltsschuldner Kläger ist, wie bei Klagen auf Herabsetzung des Unterhalts. Sinnvoller wäre eine Verankerung der Zuständigkeit in allen Fällen beim Titelgericht.

Eine Neuregelung aufgrund des Inkrafttretens der entsprechenden Bestimmungen mit 01.09.2014, sohin mitten im Geschäftsjahr, erscheint fragwürdig und wird angeregt, die Regelung erst mit 1.1.2015 in Kraft treten zu lassen.

Zu § 45 EO:

Diese Bestimmung könnte in der Praxis zu nicht unerheblichen Problemen führen. So könnte beispielsweise die verpflichtete Partei am Tag vor der Versteigerung einen (unbegründeten) Aufschiebungsantrag stellen und durch die verpflichtete Einvernahme der betreibenden Partei die Versteigerung aufgrund der Verzögerung nicht durchgeführt werden. Verfahrensverzögerungen wären dadurch vorprogrammiert.

Wünschenswert wäre eine Klarstellung des Verhältnisses des geplanten § 45 Abs 3 EO zu § 64 Abs 1 letzter Satz EO dahingehend, ob bei Abweisung des Antrages eine Einvernehmung des Gegners notwendig wäre. Kann diese unterbleiben, würde damit der Gefahr der Verfahrensverschleppung entgegengewirkt werden.

Zu § 187a EO:

Die betreffende Bestimmung erscheint aus folgenden Gründen problematisch:

1. In der Praxis könnte sich die Bescheinigung nach § 187a Abs 2 Z 2 EO (dass die der Zwangsversteigerung zugrunde liegende Forderung nicht besteht) schwierig gestalten. Nicht geklärt ist dabei, ob der betreibende Gläubiger die Möglichkeit einer Gegenbescheinigung hat. Dem Gesetzeswortlaut folgend ist er auch nicht zwingend beizuziehen.

2. Im Zuge der vom EGMR geforderten Interessensabwägung sind in diesen Fällen auch die Interessen des betreibenden Gläubigers, der Anspruch auf ein rasches Verfahren und Begleichung seiner Forderung hat, zu beachten sowie jene des Erstehers, der in einer öffentlichen Versteigerung Eigentum erwirbt, binnen ca. 2 1/2 Monaten das Meistbot erlegen muss und bereits ab dem Tag der Versteigerung gemäß § 156 Abs 1 EO alle Lasten zu tragen hat, hingegen erst frühestens nach drei Monaten erfährt, ob er das zwangsversteigerte Objekt auch tatsächlich behalten kann. Dagegen abzuwägen ist das Interesse des Verpflichteten auf ausreichenden Rechtsschutz, wobei zu bedenken ist, dass Situationen, wie sie im Anlassfall gegeben waren, ausgesprochen selten vorkommen, hingegen Personen mit ausgeprägtem Rechtsschutzbedürfnis eine weitreichende Möglichkeit zur Verfahrensverzögerung eingeräumt wird.

3. Durch die beabsichtigte Regelung können Fälle wie der Fall Zehentner gegen Österreich des EGMR nicht in den Griff bekommen werden, da hier erst mehr als fünf Jahre nach Erlassung des Meistbotsverteilungsbeschlusses das Sachwalterschaftsverfahren eingeleitet wurde. Es ist daher zu befürchten, dass die beabsichtigte Regelung dem nach den Vorgaben des EGMR zu schützenden Personenkreis kaum jemals zugute kommen, sondern in erster Linie von nicht schützenswerten Verpflichteten zur weiteren Verfahrensverzögerung genutzt werden wird.

4. Im Sachwalterschaftsverfahren wird in der Regel nicht geprüft, seit wann die Geschäfts-/Prozessunfähigkeit gegeben ist, sofern kein entsprechender Anlass vorhanden ist. Ob der Verpflichtete im vorangehenden Titelverfahren einer gesetzlichen Vertretung bedurft hätte und nicht gesetzlich vertreten war, wird im Sachwalterverfahren in aller Regel nicht geklärt. Damit wird die Prüfung der Prozessfähigkeit vom hierfür vorgesehenen Streitverfahren in das Exekutionsverfahren verschoben, das dafür weder konzipiert noch kompatibel ist. Insbesondere in der Fällen des § 187 a Abs 2 EO (Nichtigkeit im Titelverfahren) wird die geforderte Bescheinigung kaum zu erbringen sein.

5. Wie der vom EGMR geforderte Schutz geschäftsunfähiger Verpflichteter wirksam und unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des Erstehers umgesetzt werden kann, sollte daher nochmals grundlegend neu überdacht werden. Zu erwägen ist insbesondere, ob die beabsichtigte Regelung tatsächlich geeignet ist, die gewünschte Verbesserung für prozessunfähige Verpflichtete zu erreichen und ob nicht zumindest entsprechende Hinweise im Versteigerungsedikt oder beim Versteigerungstermin gesetzt werden müssen, um eine Haftung für Vertrauensschäden auszuschließen. Eine dementsprechende Änderung der §§ 177 ff EO ist bisher nicht angedacht.

Zu § 17 RpflG:

Systematisch wäre diese Regelung besser in § 19 RpflG, im Wirkungskreis in Kindschafts- und Sachwalterschaftsangelegenheiten, aufgehoben, zumal die betreffende Bestimmung bereits Zuständigkeiten nach der Exekutionsordnung umfasst. Eine Einordnung in § 17 RpflG könnte unnötige Missverständnisse im Bereich der Zuständigkeit erzeugen.

Veröffentlicht am: 22. Mai. 2014

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