Nun sag, wie hast du’s mit der Weisungsspitze?

Editorial 06/2014 von Martin Ulrich

 

Zur Beseitigung des Anscheins, die Staatsanwaltschaften könnten politisch beeinflussbar sein, hat der Herr Bundesminister für Justiz – seinen vorangegangenen medialen Ankündigungen entsprechend – im Februar 2014 ein Beratungsgremium zur Reform der staatsanwaltschaftlichen Berichtspflichten und des Weisungsrechtes einberufen. Dieser längst überfällige Schritt wird seitens der richter- und staatsanwaltschaftlichen Standesvertretungen ausdrücklich begrüßt; immer wieder haben sie bereits in der Vergangenheit auf die Anscheinsproblematik eines Regierungsmitgliedes als oberste staatsanwaltschaftliche Weisungsspitze hingewiesen und diesbezüglich Lösungen gefordert um damit das Vertrauen in die Justiz und insbesondere die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte als bundes-verfassungsrechtliche Organe der Gerichtsbarkeit weiter zu stärken.

Neben dem Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Obersten Gerichtshofes, den Vizepräsisidentinnen des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes, dem interimistischen Leiter der Generalprokuratur und zugleich Vorsitzenden des Weisenrates, den Rechtsschutzbeauftragten der Justiz und des Innenministeriums, Angehörigen des Bundesministeriums für Justiz sowie den Leiterinnen und Leitern der Oberstaatsanwaltschaften kommt neben dem Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages insbesondere auch den Vertretern der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, der Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte in der GÖD sowie der Vereinigung österreichischer Richterinnen und Richter nunmehr die Aufgabe zu, unter dem Vorsitz des Leiters der Strafrechtssektion Lösungsansätze zu erarbeiten.

Aus Sicht der Standesvertretungen sind die anzustrebenden Ziele einer solchen Reform klar:

Die Weisungshierarchie soll eine nicht (partei-) politisch besetzte, ausschließlich fachliche Weisungsspitze erhalten, die Arbeit der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte soll gänzlich und ausschließlich einer rechtsstaatlichen Kontrolle durch die unabhängigen Gerichte unterworfen werden, bereits der bloße Anschein parteipolitischer Einflussnahme auf staatsanwaltschaftliches Handeln bzw vorauseilenden Gehorsams muss beseitigt werden, die Straffung des möglichst transparent auszugestaltenden Berichtswesens und der Weisungshierarchie soll zur Verfahrensbeschleunigung beitragen, der Wissenstransfer zwischen den Instanzen soll gestärkt und in der Öffentlichkeit sollen die Staatsanwaltschaften durch ihre Spitze noch deutlicher als Teil der dritten Staatsgewalt wahrgenommen werden. Der/die höchste Staatsanwalt bzw Staatsanwältin soll zwingend auf eine langjährige Berufserfahrung im staatsanwaltschaftlichen und/oder richterlichen Bereich zurückblicken können und ohne Wiederbestellungsmöglichkeit auf (Dreier-) Vorschlag einer staatsanwaltschaftlichen Kommission auf eine (regel)legislaturperiodenübergreifende Amtszeit durch den unmittelbar demokratisch legitimierten Bundespräsidenten ernannt werden. Wie alle Angehörigen der Gerichtsbarkeit iSd Art 90a B-VG soll auch diese Weisungsspitze der straf- und disziplinargerichtlichen Kontrolle unterworfen und eine Abberufung nur in diesem Rahmen möglich sein.

Aktuell werden von der Arbeitsgruppe unter bereits erfolgter Beiziehung von Verfassungsexperten mögliche Lösungsansätze ausgelotet. Die vertretenen Standpunkte sind teilweise breit gestreut. Dabei erscheint es den Standesvertretungen als geradezu essentiell, den letztlich für die Umsetzung politisch Verantwortlichen Konzepte zu präsentieren, welche die erwähnte Anscheinsproblematik bestenfalls beseitigen, jedenfalls aber deutlich reduzieren. Dass die Letztverantwortung für eine Umsetzung bei der Politik liegt, ist einerseits eine realpolitische Selbstverständlichkeit, andererseits wird sie aber auch Zeugnis über ihre Ernsthaftigkeit in Bezug auf dieses Reformvorhaben ablegen. Im Ausmaß der letztlich realisierten Maßnahmen wird sich zeigen, ob die – das Ansehen der gesamten Justiz beeinträchtigende – Anscheinsproblematik endlich auf Dauer einer sachgerechten Lösung zugeführt werden kann, oder auch in Zukunft zu prominenten Einzelfällen unberechtigte Vorwürfe der Politjustiz in der Öffentlichkeit auf fruchtbaren Boden fallen. Und vielleicht gibt es auch eine Antwort auf die Frage, wie es die Politik mit der staatsanwaltschaftlichen Weisungsspitze hält.

Veröffentlicht am: 18. Jun. 2014

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