Die Verbundenheit bleibt!
Editorial 02/2014 von Klaus Schröder
Nach 30 Jahren Arbeit in der Standesvertretung habe ich, aufgrund meiner Ernennung zum Präsidenten des OLG Innsbruck, mit 13.1.2014 meine Funktion als Vorsitzender der Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte in der GÖD, die ich seit 1999 inne hatte, endgültig abgegeben. Nicht nur, weil es der Anstand verlangt, sondern weil es mir ein ehrliches Bedürfnis ist, möchte ich mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die mir in dieser Zeit Wegbegleiter, Ratgeber, Mitstreiter, Kritiker, Unterstützer und kompetente Verhandlungspartner waren. Meinem Nachfolger wünsche ich Gelassenheit und Kampfgeist, Weitblick und Reaktionsschnelligkeit, Akzeptanz und sachliche Kritiker, politisches Gespür und Pragmatismus und vor allem die Kraft und Gesundheit, diese anspruchsvolle Funktion in der Standesvertretung neben einer erfolgreichen Richtertätigkeit zu bewältigen.
Wenn ich in meinem ersten Editorial im Jahre 1999 von der Unverzichtbarkeit gewerkschaftlicher Standesvertretung für RichterInnen und StaatsanwältInnen sowie für RichteramtsanwärterInnen gesprochen habe, so hat sich an dieser Einschätzung seither nichts verändert. Im Gegenteil, die letzten 15 Jahre an der Spitze der Standesvertretung und die Vielzahl von Fragestellungen und Problemen, mit denen sich die Kolleginnen und Kollegen sowohl aus dem engeren Kreis der ministeriellen Justiz- und Personalverwaltung aber auch aus dem Bereich allgemeiner Dienstnehmerinteressen (Steuerrecht, Pensionsrecht, allgemeine dienst- und gehaltsrechtliche Frage, Urlaubs- und Karrenzrecht, Planstellenbewirtschaftung und Budgetpolitik) konfrontiert sahen, hat mir die Notwendigkeit einer starken gewerkschaftlichen Vertretung mehr als verdeutlicht. Am Beispiel der aktuellen (abgeschlossenen) Gehaltsverhandlungen zeigt sich dies besonders deutlich: Ohne gewerkschaftliche Verhandlungen hätte uns die Bundesregierung mit 0,5 % Gehaltserhöhung abgespeist. Aufgrund der organisierten Stärke von ca. 240.000 öffentlichen Bediensteten ist es immerhin gelungen, einen Gehaltsabschluss zwischen 1,5 % und 2.5 % (bei den RichterInnen und StaatsanwältInnen im Durchschnitt ca. 1,9%) zu erkämpfen. Dass es subjektiv gesehen immer mehr sein könnte, sei zugestanden, aber die Realität leerer Staatskassen und einer nicht besonders verständnisvollen (ver)öffentlich(t)en Meinung sind die Antipoden dieses Wunschdenkens. Verantwortungsbewusste Funktionäre der befreundeten Richterinnen- und StaatsanwältInnen-Vereinigungen haben die Notwendigkeit der engen fachlichen und personellen Zusammenarbeit seit jeher erkannt und auch verwirklicht. Nur dieses Gesamtpaket „Standesvertretung“ vermag langfristig die Interessen unseres Standes nachhaltig zu stärken und wirksam zu vertreten.
In der Justizpolitik wünsche ich mir mehr Kontinuität, auch in der politischen Führung unseres Ressorts; ein Ministerwechsel im Zweijahresrhythmus, Anlassgesetzgebung und unkritische, weil auf Wählerstimmen schielende Umsetzung von öffentlichen Zurufen, sich dauernd und kurzfristig verändernde Planungen in der Entwicklung der Gerichtsstrukturen und ein Auseinanderklaffen von gesellschaftlichen Werthaltungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen sind nicht angetan, das Vertrauen der Bevölkerung in das System „Gerichtsbarkeit“ zu stärken und auszubauen. Die gesellschaftliche Akzeptanz dessen, was die Gerichte und Staatsanwaltschaften im Sinne des Gemeinwohles und der Schaffung eines Friedenszustandes in einem demokratischen Rechtsstaat „produzieren“ ist unser Grundkapital. Wenn wir dieses Grundkapital einschränken müssen oder verlieren, befinden wir uns auf einem justiziellen Insolvenzkurs, der unsere Gesellschaft und unsere Republik nach innen und außen in Misskredit und in ein fragwürdiges nationales und internationales Licht setzt. Mögen auch Bildungs- und Gesundheitspolitik, soziale Sicherheit und wirtschaftspolitische Maßnahmen für die Lebenssituation unserer Bürgerinnen und Bürger unmittelbarer und spürbarer sein, so ist der demokratisch abgesicherte und sowohl intergesellschaftlich als auch interpersonell Rechtsfrieden schaffende Rechtsstaat die funktionelle Grundlage jeder Gesellschaft. Nicht umsonst gab es die archaische Figur des Richters schon lange bevor organisierte Gesetzgebungs- und Exekutiveinrichtungen geschaffen wurden. So gesehen kommt auch heute dem Amt des Richters (der Richterin) und des Staatsanwaltes (der Staatsanwältin) eine weitaus bedeutendere Funktion zu als einem justizverwaltenden Organ, mag es in der Justizhirarchie auch weit oben angesiedelt sein. Mit dieser Demut gehe ich in meine neue Funktion als Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck; mein Bestreben und meinen Kampfwillen für eine möglichst optimal funktionierende und ausgestattete Justiz werde ich beibehalten und versuchen, auf einer anderen Ebene einzubringen und umzusetzen.