Die Dienstrechts-Novelle – eine jährliche Herausforderung!

Editorial 05/2015
von Martin Ulrich

Stehen Gesetzesnovellen in justiziellen Fachbereichen wie etwa im materiellen oder formellen Strafrecht zur Begutachtung an, so sind – bereits oft klar aus dem Titel erkennbar – sowohl der Gegenstand als auch der Kreis der Betroffenen unschwer zu erkennen. Ganz anders verhält es sich damit aber mit den alljährlichen Dienstrechts-Novellen. Schon ihr Titel lässt ihren konkreten Inhalt im Verborgenen. Aber auch eine eingehende Lektüre lässt nicht immer gleich auf den ersten Blick die einzelnen Änderungen und das Maß ihrer Auswirkungen erkennen. Nicht selten führt erst eine relativ aufwendige Zusammenschau der einzelnen in Aussicht genommenen Bestimmungen mit der aktuellen Rechtslage zu dieser Erkenntnis. Das alljährliche juristische Déjà-vu der Dienstrechts-Novelle bietet aber auch Gelegenheit, bereits wiederholt in der Vergangenheit Gefordertes einmal mehr in Erinnerung zu rufen und auf dessen Umsetzung hinzuarbeiten. Eines steht jedenfalls fest: Dienstrechts-Novellen betreffen neben anderen Gruppen des Öffentlichen Dienstes regelmäßig auch alle bzw viele Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.

Ein gutes Beispiel für die oben erwähnten Aspekte bietet die aktuelle Dienstrechts-Novelle 2015:
Gerade erst im Eilzugstempo durchgepeitscht, bietet bereits die aktuelle Dienstrechts-Novelle die willkommene Gelegenheit, benachteiligende Auswirkungen der zum Jahresanfang beschlossenen Bundesbesoldungsreform 2015, mit der das System des Vorrückungsstichtages durch jenes des Besoldungsdienstalters ersetzt wurde, so zu reparieren, dass, wie von der GÖD und unseren Standesvertretungen vehement gefordert, finanzielle Nachteile für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vermieden werden. Weitere dringend erforderliche Anpassungen, insbesondere um im Bereich der bereits ernannten Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter Härtefälle in ihren künftigen richter- bzw staatsanwaltschaftlichen Besoldungsverläufen zu vermeiden, versuchen die Standesvertretungen noch im Begutachtungsverfahren durchzusetzen.

Ein Beispiel dafür, dass auf den ersten Blick unscheinbare Änderungen gewichtige Auswirkungen haben können, bietet auch die Ziffer 12 zu Art 4 (Änderungen des RStDG) der aktuellen Dienstrechts-Novelle, wonach „in § 205 Abs. 1 nach der Wortfolge „Verwendungsgruppe A 1“ die Wortfolge „mit Ausnahme jener der Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen“ eingefügt“
wird. Hätte jemand gleich erkannt, dass damit an der „Hausstaatsanwältinnen- bzw Hausstaatsanwältelösung“ im BMJ „geknabbert“ wird und die Dienstrechts-Novelle auch für die geplante „Generaldirektion Strafvollzug“ im BMJ als legistische Geburtshelferin auftritt? Auch hiezu ist die Position der GÖD klar: Die „Hausstaatsanwälte- bzw Hausstaatsanwältinnenlösung“ im BMJ sollte im weitestmöglichen Umfang abgesichert werden, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bzw Richterinnen und Richter dürfen von einer Verwendung bzw Bewerbung für Funktionen im Bereich der Generaldirektion Strafvollzug nicht ausgeschlossen sein und aktuell im BMJ tätige Kolleginnen und Kollegen dürfen keine dienst- oder gar besoldungsrechtliche Nachteile erleiden.

Dienstrechts-Novellen bieten aber auch die jährliche Möglichkeit, längst überfällige Unzulänglichkeiten im RStDG zu reparieren. So konnte trotz mehrfacher Forderungen der Standesvertretungen und Unterstützung des BMJ die Möglichkeit einer Herabsetzung der Auslastung aus beliebigem, insbesondere gesundheitsbezogenem Grund für Richterinnen und Richter im RStDG bislang nicht verankert werden. Dieser im Vergleich zu den übrigen Bundesbediensteten bestehende Ausschluss erscheint unsachlich und gleichheitswidrig. Auf diese Weise arbeitswillige Kolleginnen und Kollegen in den dauernden Ruhestand versetzen zu müssen, ist keine sachgerechte Option. An der Umsetzung dieser Forderung werden wir auch dieses Jahr mit aller Kraft arbeiten.

Unbemerkt, manchmal jedoch viel wichtiger als in Gesetzesform Gegossenes bleiben in diesem Zusammenhang auch jene geplanten Neuregelungen, die – weil sie als nachteilig für die Kolleginnen und Kollegen noch rechtzeitig „wegverhandelt“ werden konnten – gerade nicht den Weg in eine Dienstrechts-Novelle gefunden haben.

Kurz gesagt: In den jährlichen Dienstrechts-Novellen spiegeln sich nicht selten die Ergebnisse harter und beständiger Standesarbeit; sie akribisch zu studieren und ihnen stets wachsam zu begegnen, ist dringend geboten. Dieser Herausforderung stellen sich die richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Standesvertretungen mit Ihrer/Eurer Unterstützung jedes Jahr aufs Neue.

Veröffentlicht am: 12. Mai. 2015

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