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Ordentliche Gerichtsbarkeit

Die ordentliche Gerichtsbarkeit ist die Vollziehung in Zivilrechtsstreitigkeiten (privatrechtliche Sachen) und in allen Strafsachen, die nicht in einem Verwaltungsverfahren zu behandeln sind. Sie ist insbesondere in den Art 82 bis 94 B-VG verfassungsrechtlich normiert. Eine bestimmte Kompetenz der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist im B-VG nicht ausdrücklich festgelegt. Art 6 MRK bestimmt jedoch, dass jedermann Anspruch darauf hat, dass über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage ein Gericht zu entscheiden hat.

Die ordentlichen Gerichte in Österreich sind:

  • 116 Bezirksgerichte (BG),
  • 20 Landesgerichte (LG),
  • 4 Oberlandesgerichte (OLG), und
  • der Oberste Gerichtshof (OGH).

 

Sonstige „Gerichte“

Neben den ordentlichen Gerichten gibt es Sondergerichte (z.B. Kartellgericht), die Verwaltungsgerichte (Bundesfinanzgericht, Bundesverwaltungsgericht, Landesverwaltungsgerichte) und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (VfGH und VwGH) sowie Schiedsgerichte (aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung mit freiwilliger Unterwerfung).

Bezirksgerichte (BG)

Die Bezirksgerichte sind für folgende Verfahren zuständig:

In Zivilsachen bis zu einem Streitwert von einschließlich EUR 15.000,– sowie für bestimmte Sachen (sog. Eigenzuständigkeit der BG) ohne Rücksicht auf den Streitwert, das sind insb. Familienrechtssachen, mietrechtliche Angelegenheiten und Exekutionen)

In Strafsachen sind die BG zuständig für Delikte, die ausschließlich mit Geldstrafen oder mit Freiheitsstrafe bis maximal 1 Jahr geahndet werden.

Daneben wird beim Bezirksgericht auch das Grundbuch geführt.

Bei den Bezirksgerichten sind derzeit österreichweit ca. 730 Richterinnen und Richter tätig. Die Richter der Bezirksgerichte sind immer in erster Instanz tätig und entscheiden immer als Einzelrichter.

Die Justizverwaltung am Bezirksgericht wird von den Gerichtsvorsteher geleitet (die Gerichtsvorsteher sind Richterinnen und Richter).

Landesgerichte (LG)

Sie werden manchmal auch Gerichtshöfe erster Instanz genannt (weil es früher neben den Landesgerichten auch Kreisgerichte gab).

Zuständig sind die Landesgerichte für alle Rechtssachen erster Instanz (in Zivil- und Strafsachen), die nicht den Bezirksgerichten zugewiesen sind und für Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Bezirksgerichte.

Bei den Gerichtshöfen sind Richter oft auf bestimmte Fachgebiete spezialisiert. Derzeit sind bei den Landesgerichten etwa 730 Richterinnen und Richter tätig. Sie entscheiden großteils als Einzelrichter. Im Senat entschieden wird in allen Rechtsmittelsachen, aber zB auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen (1 Berufs- und 2 Laienrichter in erster Instanz), in seltenen Fällen im Zivilverfahren und z.T. im Strafverfahren (Schöffengericht, bei schwereren Delikten). Das Geschworenengericht wird innerhalb eines Landesgerichtes aus drei Berufsrichtern und 8 Geschworenen gebildet und ist für die schwersten Delikte zuständig.

Daneben wird bei den Landesgerichten auch das Firmenbuch (früheres Handelsregister) geführt.

Die Justizverwaltung am Landesgericht wird von den Präsidenten (auch die Präsidenten sind Richterinnen und Richter) geleitet.

 

Oberlandesgerichte (OLG)

Sie werden auch Gerichtshöfe zweiter Instanz genannt. Die vier Oberlandesgerichte (OLG) befinden sich in:

  • Wien (für Wien, Niederösterreich und Burgenland)
  • Graz (für Steiermark und Kärnten)
  • Linz (für Oberösterreich und Salzburg)
  • Innsbruck (für Tirol und Vorarlberg)

Bei den OLG sind ca. 180 Richterinnen und Richter tätig.

Die Oberlandesgerichte entscheiden über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Landesgerichte in Zivil- und Strafsachen.

Daneben sind die OLG wichtige Justizverwaltungseinheiten. Die Präsidenten der OLG sind Leiter der Justizverwaltung aller Gerichte ihres Sprengels; sie unterstehen direkt dem Bundesminister für Justiz.

Der Oberste Gerichtshof (OGH)

Der Oberste Gerichtshof wird neben dem Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof als Höchstgericht bezeichnet. Er entscheidet in Zivil- und Strafsachen innerstaatlich als letzte Instanz. Am OGH sind 60 Richterinnen und Richter tätig.

Gegen eine Entscheidung des OGH ist nur mehr eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) möglich, aber nur wegen eines Verstoßes gegen ein Menschenrecht.

Dem OGH kommt eine besondere Bedeutung bei der Schaffung von Rechtssicherheit zu. Die unteren Instanzen orientieren sich bei der Auslegung der Gesetze an den Entscheidungen des OGH zu ähnlichen Fällen. Eine Bindung der Gerichte an diese Entscheidungen – wie etwa im anglikanischen „case-law“ – besteht jedoch nicht.

Der Zugang zum OGH ist mehrfach eingeschränkt: in Strafsachen auf Nichtigkeitsbeschwerden gegen Entscheidungen der Landesgerichte und in Zivilsachen auf Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung. In allen anderen Fällen ist bereits das Gericht zweiter Instanz die letzte Instanz.

Nähere Information zum OGH finden Sie auf der Homepage  www.ogh.gv.at

Der Instanzenzug

Unter Instanzenzug versteht man die Anrufung des nächsthöheren Gerichtes mit dem Ziel der Abänderung oder Aufhebung einer gerichtlichen Entscheidung der unteren Instanz (Gerichtsebene).

Die Bezirksgerichte sind immer in erster Instanz tätig, die Landesgerichte entweder in erster oder zweiter Instanz, die OLG grundsätzlich in zweiter und der OGH in zweiter (in Strafsachen) oder dritter Instanz (in Zivilsachen).