Grundprinzipien

Die Gerichtsbarkeit stellt neben der Gesetzgebung und der Verwaltung die dritte Säule des staatsrechtlichen Modells der Gewaltentrennung dar. Sie ist jener Bereich der Vollziehung, der von Gerichten wahrgenommen wird. In der Bundesverfassung ist festgehalten, dass die Justiz von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt ist.

Die wichtigste Grundlage für eine unabhängige Justiz ist der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Unabhängigkeit der Richter in der Ausübung ihres Amtes. Diesbezüglich sind die Richter im Gegensatz zu den Verwaltungsbeamten völlig weisungsfrei. Richter dürfen nur in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen und Formen sowie aufgrund eines förmlichen richterlichen Erkenntnisses (z.B. im Rahmen eines Disziplinarverfahrens) ihres Amtes enthoben oder gegen ihren Willen an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese sogenannten richterlichen Garantien der Unabhängigkeit, Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit dienen dem Schutz der Gerichtsbarkeit als dritter Staatsgewalt vor Einflüssen von außen, insbesondere von Seiten der Verwaltung. Dadurch schützen sie auch das Recht der Bevölkerung auf ein faires Verfahren.

Natürlich gilt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung auch für den Bereich der Gerichtsbarkeit. Gerichte sind an gehörig kundgemachte Gesetze, Verordnungen und Staatsverträge gebunden. Gerichte können jedoch beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung von Gesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit beantragen, wenn sie aus diesem Grund Bedenken gegen die Anwendung eines Gesetzes haben.

Die ordentiche Gerichtsbarkeit ist in organisatorischer und funktioneller Hinsicht ausschließlich Sache des Bundes; die Länder können daher keine eigenen ordentlichen Gerichte schaffen, es kommt ihnen aber ein gewisses Mitspracherecht in organisatorischen Belangen (z.B. Änderung von Sprengelgrenzen der Bezirksgerichte) zu.

 

Tragende Grundsätze der Gerichtsbarkeit in Österreich:

  • die Mitwirkung des Volkes an der Rechtssprechung, z.B. in Form der Schöffen- und Geschworenengerichtsbarkeit;
  • die Mündlichkeit des Verfahrens;
  • die Öffentlichkeit des Verfahrens;
  • das Verbot einer „Ausnahmegerichtsbarkeit“ (z.B. von Standgerichtsbarkeit);
  • die ordentliche Gerichtsbarkeit geht vom Bund aus, es gibt daher nur Bundesgerichte (auch die „Landesgerichte“ sind trotz ihres Namens Bundesbehörden);
  • der Anklageprozess im Strafverfahren: Ankläger und Richter müssen verschiedene Personen sein (wenn beide Funktionen in einer Person vereinigt sind, spricht man vom „Inquisitionsverfahren“);
  • das absolute Verbot der Todesstrafe;
  • das Verbot einer eigenen Militärgerichtsbarkeit (außer in Kriegszeiten).